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Titulierter Kindesunterhalt unterliegt der Verwirkung

Einjährige Nichtgeltendmachung des Kindesunterhalts kann Verwirkung begründen

Wird ein titulierter Kindesunterhalt ein Jahr lang nicht geltend gemacht, so kann der Anspruch auf Kindesunterhalt verwirkt sein. Dabei spielt es keine Rolle, dass es sich um Kindesunterhalt handelt und der Anspruch tituliert ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Vater schuldete seinem nicht bei ihm wohnenden Sohn aufgrund einer Jugendamtsurkunde Kindesunterhalt in Höhe von 257 EUR. Im Juli 2005 teilte das Jugendamt dem Vater mit, dass es auch mit einer pünktlichen und regelmäßigen Zahlung von 100 EUR zufrieden sei. Ab August 2006 verlangte das Jugendamt wieder den vollen Betrag. Im Januar 2008 wurde der Vater vom Jugendamt aufgefordert den rückständigen Kindesunterhalt aus dem Jahr 2005 zu zahlen. Der Vater weigerte sich jedoch dem nachzukommen. Seiner Meinung nach sei der Anspruch auf den vollen Kindesunterhalt im Jahr 2005 verwirkt. Da das Jugendamt dies anders sah, kam der Fall schließlich vor Gericht.


Amtsgericht verneinte Verwirkung

Das Amtsgericht Essen verneinte eine Verwirkung und stellte einen Unterhaltsrückstand für das Jahr 2005 fest. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Beschwerde ein.

Oberlandesgericht hielt Unterhaltsanspruch für verwirkt
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Vaters. Seiner Ansicht nach sei der Unterhaltsanspruch für das Jahr 2005 verwirkt gewesen. Eine Verwirkung sei dann anzunehmen, wenn der Berechtigte einen Anspruch längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte, dass der Anspruch auch zukünftig nicht mehr geltend gemacht wird. Bei Unterhaltsansprüchen könne dies bereits nach einjähriger Untätigkeit vorliegen. So habe der Fall hier gelegen.
Vater durfte von Nichtinanspruchnahme der Unterhaltsrückstände ausgehen
Das Jugendamt habe über einen Zeitraum von 2 ½ Jahre den Unterhaltsrückstand aus dem Jahr 2005 nicht geltend gemacht, so das Oberlandesgericht weiter. Zwar habe es nicht ausdrücklich auf die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs verzichtet. Das Jugendamt habe aber in der Zeit von 2005 bis Januar 2008 den Unterhaltsrückstand nicht thematisiert. Der Vater habe daher davon ausgehen dürfen, dass eine Inanspruchnahme wegen der Rückstände nicht mehr erfolgen wird.

Vorliegen eines titulierten Kindesunterhalts unerheblich
In diesem Zusammenhang sei es nach Ansicht des Oberlandesgerichts unerheblich gewesen, dass es sich um Kindesunterhalt handelte und der Unterhalt tituliert war. Denn auch titulierter Kindesunterhalt könne der Verwirkung unterliegen.

André Roßnagel

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