Der größte Erfolg des Muttertagsspot 2019 von EDEKA liegt wohl in seiner Reichweite. Über 2 Mio. mal wurde er auf Youtube angesehen. 13.000 Zuschauern hat er gefallen, fast 60.000 dagegen nicht. Positive Stimmen in den Kommentaren muss man lange suchen. Diverse Beschwerden beim Werberat sind anhängig.
Vor allem Trennungsväter sind erbost. Oft sehen sie sich in Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit Anschuldigungen konfrontiert, sie könnten mit ihren Kindern nicht umgehen und seinen für eine Betreuung völlig ungeeignet. Das ist fast Standard. Wer etwas anderes behauptet wird bestenfalls belächelt oder gar der Lüge bezichtigt. Eben solche Klischees greift der Spot auf und festigt damit dieses überkommene Bild von Vätern in der Öffentlichkeit, unter dem so viele leiden. Die Wut ist also mehr als verständlich, war vorhersehbar und wahrscheinlich sogar einkalkuliert.
Gier nach Reichweite auf Kosten entrechteter Väter. Bravo!
Unglaubwürdiges Krisenmanagement
Während das EDEKA Multimedia-Team jeden der den Spot toll findet enthusiastisch feiert, gibt man sich bei der Beschwerdestelle in der Firmenzentrale seriöser. Man nehme „die aktuelle Kritik an dem Video sehr ernst“ teilt EDEKA auf Anfrage mit. Fast schon zerknirscht heißt es weiter: „Bitte seien Sie nochmals versichert, dass wir uns von der negativen Botschaft, die unser Online-Video einigen Zuschauern vermittelt, klar distanzieren und uns dafür entschuldigen.“
Die Einsicht hat wohl vor allem wirtschaftliche Gründe. Reihenweise erklären erboste Väter und auch Mütter künftig EDEKA meiden zu wollen – für immer, wie es von manchen heißt. Verärgerte Kunden kehren EDEKA den Rücken. EDEKA verliert damit Umsatz und Gewinn.
Jung von Matt – Kreativität auf Schülerzeitungsniveau?
Überall wird nun geheimnisvoll lanciert, zum Vatertag (eigentlich Christi Himmelfahrt) hätte man sich auch etwas einfallen lassen. Da wird einem schon ganz flau im Magen. Was das wohl sein könnte? Vermutlich wird EDEKA den zweiten Spot wieder im gleichen Stil gestalten, um den Zusammenhang zu zeigen. Es stellt sich nur die Frage nach dem Inhalt.
Eine Aufwertung von Vätern auf Kosten der Mütter wird es wohl eher nicht geben. Während Wertschätzung von Müttern durch Abwertung von Vätern zumindest in manchen Teilen der Bevölkerung noch gut ankommt, wäre umgekehrt die Abwertung von Müttern wohl ein handfester Skandal, von dem sich EDEKA nicht so schnell wieder erholen würde. Da wird eben mit zweierlei Maß gemessen. Wobei es prinzipiell zu begrüßen ist, wenn den Zuschauern weitere Geschmacklosigkeiten erspart bleiben.
Als Alternative könnten die Väter, die im ersten Spot als Idioten hingestellt wurden, im zweiten Spot quasi rehabilitiert werden. Etwa nach dem Motto: „Väter sind zwar trottelig und lange nicht auf dem Niveau von Müttern, aber die Kinder und Mütter lieben sie trotzdem mit all ihren Fehlern.“ Da könnten Kinder in die Kamera lächeln und Herzchen mit ihren Händen formen. Wie rührend, alle würden dahin schmelzen.
Ob das so kommt, ist natürlich ungewiss, denn ein derartiger Spot würde zwar zum ersten passen, allerdings mit einer Kreativität auf Schülerzeitungsniveau.
Für die einst renommierte und für dieses Spot verantwortliche Werbeagentur Jung von Matt wäre das ein neuer Tiefpunkt und man fragt sich, warum der Lebensmittelriese EDEKA, für den es seit der Tengelmann-Übernahme ohnehin nicht mehr richtig gut läuft, derart viel Geld in solch ein fragwürdiges Ergebnis investiert.
EDEKA hat sich mit dieser Aktion einen Bärendienst erwiesen. Vielleicht lässt man sich ja doch noch etwas Überraschendes einfallen. Man darf gespannt sein.