Massiv erhöhter Unterhalt

Für Unterhaltszahler dürfte das kommende Jahr mit einer bösen Überraschung beginnen. In Zeiten härtester wirtschaftlicher Anspannung und düsterer Zukunftsaussichten plant offenbar das Bundesjustizministerium unter Leitung von Christine Lambrecht (SPD) hinter den Kulissen einen noch tieferen Griff in die Taschen von Unterhaltszahlern. 

Noch im September letzten Jahres hatte das BMJV per Verordnung festgelegt, den Unterhalt für minderjährige Kinder ab 2021 um 2,4% anzuheben. Wie nun durchsickerte will Lambrecht jedoch „nachbessern“ und den Mindestunterhalt der mittleren Altersstufe auf 451€ pro Kind anheben, also um 6,4% statt wie bisher geplant 2,4%.    

Zum 1. Januar 2021 soll das Kindergeld angehoben werden von derzeit 204 Euro je Kind auf dann 215 Euro je Kind. Das ist für Eltern zunächst mal eine gute Nachricht, doch getrennt lebende Elternteile, die ihr Kind mit Unterhalt versorgen müssen, sehen davon nichts. Das Kindergeld wird vollständig an den überwiegend betreuenden Elternteil ausgezahlt, meist also an die Mutter. Die Hälfte davon wird auf den Unterhalt angerechnet. So kommt der Staat seiner Verpflichtung, das Existenzminimum von Kindern steuerfrei zu stellen zumindest teilweise nach, denn Unterhaltszahler zahlen den Kindesunterhalt grundsätzlich aus versteuertem Einkommen.

Wenn der Unterhaltspflichtige den gesetzlich geschuldeten Unterhalt nicht aufbringen kann und mangels Substanz auch Zwangsvollstreckungen keinen Erfolg mehr bringen, springt der Staat mit Unterhaltsvorschuss ein, verrechnet dann allerdings das gesamte Kindergeld. Diese Praxis ist Alleinerziehenden schon lange ein Dorn im Auge. Sie beklagen, das höhere Kindergeld komme so bei den Kindern nicht an.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) ließ nun verlauten, der Unterhaltsvorschuss würde 2021 trotz Kindergelderhöhung steigen. Das ist verwunderlich, denn geplant war den Mindestunterhalt mit der Kindergelderhöhung um 5 Euro zu reduzieren. Erreicht werde die Erhöhung des Unterhaltsvorschusses  dadurch, dass das Bundesjustizministerium die Mindestunterhaltsverordnung ändert.

Nach der gesetzlichen Regelung im § 1612a (4) BGB legt das Bundeministerium der Justiz und Verbraucherschutz per Verordnung den Mindestunterhalt für minderjährige Kinder alle zwei Jahre fest. Einer Zustimmung des Bunderates bedarf es dafür nicht. Zuletzt wurde der Mindestunterhalt per Verordnung vom 12.09.2019 festgelegt  – für die Jahre 2020 und 2021. Nach der aktuellen Mindestunterhaltsverordnung würde danach der Mindestunterhalt der mittleren Altersgruppe 434 Euro betragen, was bei 215 EUR Kindergeld einem Unterhaltsvorschuss von 219 EUR entspricht. Laut Giffey wird dieser Betrag nun auf 232 EUR festgelegt. Da hier bereits das Kindergeld von 219 EUR abgezogen ist, müsste der Mindestunterhalt in der Mindestunterhaltsverordnung dann auf 451 Euro erhöht werden und somit um 6,4% gegenüber 2020 steigen. Diese Steigerung erhöht zwar auch den Unterhaltsvorschuss, trifft aber vor allem Unterhaltszahler. Vielen wird es nicht möglich sein diese hohen Beträge zu zahlen, da ihnen bereits jetzt nur der strukturell viel zu niedrig angesetzten Selbstbehalt oder gar weniger bleibt.

Wie kommt man auf solche Zahlen? Ist das ein erneutes Einknicken vor der mächtigen Alleinerziehenden Lobby? Die  Bundesregierung stützt sich auf ihren eigenen 13. Existenzminimumbericht. Danach beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes 2021 jährlich 5.412 Euro, also 451 Euro im Monat. Das sind 8,2% mehr als im Vorjahr. Im Vergleich dazu wurde das Existenzminimum für Alleinstehende nur um 3,6% erhöht. Warum das Existenzminimum der Kinder so dramatisch erhöht wurde, ist nicht nachvollziehbar.

Noch unverständlicher wird das Vorgehen der Bundesregierung, wenn man versucht, es  mit wirtschaftlichen Kennzahlen zu plausibilisieren. So ist der Verbraucherpreisindex bis September im Jahresvergleich um 0,2 Prozentpunkte gesunken. Die Reallöhne lagen im 2. Quartal 2020 um 4,7 % niedriger als im Vorjahresquartal. Derartige Geschenke an Alleinerziehende passen also schlicht nicht in die Zeit.

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