BGH: Betreuungskosten nicht grundsätzlich Mehrbedarf

Sind Kosten für die Betreuung grundsätzlich Mehrbedarf des Kindes? Der BGH sagt: Es kommt darauf an.

Am 26. November 2008 hatte der BGH in einem Beschluss mit dem Aktenzeichen XII ZR 65/07 festgelegt: „Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten.“

Dieses Urteil ist seitdem die Grundlage dafür, dass Kindergartenbeiträge als Mehrbedarf des Kindes betrachtet werden und somit von beiden Elternteilen nach ihrem Einkommen zusätzlich zum Unterhalt zu tragen sind. Begründet wird dies im Beschluss „der Kindergarten biete zum einen fürsorgende Betreuung mit dem Ziel einer Förderung sozialer Verhaltensweisen und stelle zum anderen eine Bildungseinrichtung im elementaren Bereich dar. Mit der Schaffung von Kindergärten werde Chancengleichheit in Bezug auf die Lebens- und Bildungsmöglichkeiten von Kindern gewährleistet und zugleich sozialstaatlichen Belangen Rechnung getragen.“

In diese Rechtsprechung wurde nun vielfach hineininterpretiert, dass Kinderbetreuung grundsätzlich Mehrbedarf darstellt und somit zusätzlich zum Unterhalt zu zahlen ist. Häufig musste damit der Unterhaltspflichtige nahezu die vollen Betreuungskosten zusätzlich zum Unterhalt übernehmen, oft ohne ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der Betreuung.

In einem aktuellen Beschluss XII ZB 55/17 stellte der BGH nun am 9. Oktober 2017 fest: „Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist.“

Dem betreuenden Elternteil obliegt die Betreuung der Kinder. Im Gegenzug für die Betreuung ist er von der Barunterhaltspflicht befreit, die somit der unterhaltspflichtige Elternteil allein zu tragen hat. Kosten für eine Kinderbetreuung, wenn sie ausschließlich dazu dient den betreuenden Elternteil bei der üblichen Betreuung der Kinder zu entlasten, um ihm z.B. eine Berufstätigkeit zu ermöglichen, stellen somit keinen Mehrbedarf der Kinder dar, sondern allenfalls einen berufsbedingten Aufwand des betreuenden Elternteils. Damit sind die Kosten in diesem Fall vom betreuenden Elternteil allein zu tragen.

Die Entscheidung hat weitgehende Auswirkungen, da künftig geprüft werden muss, welchem Zweck die Betreuung der Kinder dient, um eine mögliche Haftungsverteilung zu ermitteln.