Mythos „Häusliche Gewalt = Männergewalt“

Rund 350 Frauenhäuser gibt es bundesweit, mit ca. 7000 Plätzen. Laut Franziska Giffey viel zu wenig. Für 122 Frauen sei laut PKS Partnerschaftsgewalt 2018 jede Hilfe zu spät gekommen. Sie wurden von ihren Partnern getötet. Es sei erforderlich die Plätze in Frauenhäusern mindestens zu verdreifachen, wie es die Istanbul-Konvention vorschreibt. Ach ja und männliche Opfer seien natürlich auch gemeint.

Eine Istanbul-Konvention oder etwas Vergleichbares gibt es für von häuslicher Gewalt betroffene Männer nicht. Trotzdem gibt es auch Hilfsangebote für männliche Opfer und zwar bundesweit z.B. gerade mal 6 Männerschutzwohnungen mit zusammen etwa 15 Plätzen, also 0,2% aller Schutzangebote. Offenbar sieht die Politik hier keinen Handlungsbedarf. Öffentliche Fördergelder erhalten nur zwei der Häuser. Ein weiteres musste bereits 2017 wegen fehlender finanzieller Mittel schließen. 2018 gab es 26.362 Fälle häuslicher Gewalt gegen Männer. Vielleicht könnten einige der 26 vom ihren Partnerinnen getöteten Männer noch leben, würde das Problem von der Politik nicht völlig ignoriert und immer wieder relativiert werden.

Wer jedoch Kritik an mangelnden Hilfsangeboten für Männer äußert, wird schnell darauf verwiesen, dass z.B. das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ auch für Männer zur Verfügung stehe. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob ein traumatisierter Mann, der gerade von seiner Partnerin zusammengeschlagen wurde, sich tatsächlich an ein Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden möchte, um sich dort von einer Frau beraten zu lassen. Weiblichen Opfern von Gewalt erspart man jedenfalls regelmäßig die Befragung durch einen männlichen Beamten bei der Polizei.

Erfahrungen mit einer öffentlichen Opferberatungsstelle machte auch Tobias* (Name geändert). Tobias* erlebte über einen langen Zeitraum häusliche Gewalt durch seine Ehefrau. Er fürchtete, dass er im Fall einer Trennung auch seine beiden Kinder verlieren würde, denn bei Trennungen werden Kinder in Deutschland üblicherweise der Mutter zugesprochen, der Vater erhält ein im Grunde nicht durchsetzbares Besuchsrecht und verliert früher oder später mit einiger Wahrscheinlichkeit den Kontakt zu seinen Kindern völlig. Also hielt Tobias* die Schläge aus. Die Folge waren diverse Platzwunden, ein ausgeschlagener Zahn, gebrochene Knochen und schwer einzuschätzende seelische Schäden.

Als Tobias sich dazu überwand eine Opferberatungsstelle zu kontaktieren, war er schockiert über die Reaktion. Es sei der Beratungsstelle leider nicht möglich „männliche Opfer zu beraten, da diese vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen gefördert wird und die Vorgabe lautet, mit Frauen zu arbeiten.“

Als Alternative schlug man ihm vor, seine Frau zur Täterarbeitseinrichtung zu schicken. Diese könne, wenngleich eigentlich für Männer (also Täter, Anmerkung des Verfassers) gedacht, auch mit Frauen arbeiten und die Voraussetzungen seien gegeben.

Da die Dame von der Beratungsstelle offenbar ihr eigenes Verhalten als erklärungsbedürftig ansah, gab sie auch gleich den Kontext für ihre Reaktion mit:

„Unserer Arbeit, die wir seit 10 Jahren ausüben, entstand aus einer Notwendigkeit heraus, nämlich Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind oder waren ein Unterstützungsangebot zu machen. Dass Frauen eines besonderen Schutzes bedürfen, lässt sich historisch gut nachvollziehen und auch heute sind wir weltweit weit davon entfernt, für Frauen paradiesische Zustände zu haben. Die Frauen mussten sich die Rechte, welche für Männer selbstverständlich waren, mühsam erkämpfen und müssen es auch heute noch in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens, bspw. schlechtere Bezahlung für dieselbe Arbeit.“

Man kann das zusammenfassen, weil es Frauen – wie jeder weiß – im allgemeine schlecht geht, zählen männliche Opfer nicht. Auch nicht im Einzelfall, zumindest erhalten sie keine Hilfe. Wie sollte Tobias jetzt mit der Situation umgehen? Auch dafür lieferte die Beratungsstelle die passende Antwort:

„Wenn die Frau Gewalt ausübt und der Mann mit einer Ohrfeige reagiert, ist das eine Körperverletzung und somit eine Straftat. Finden Sie es in Ordnung, dass körperlich überlegene Männer dann ebenfalls mit Gewalt reagieren und sich dann auch noch als Opfer hinstellen und Verständnis erwarten? Es gibt immer gewaltfreie Lösungsmöglichkeiten!“

So sehen manchmal Ratschläge für von Gewalt betroffene Männer aus, wenn sie sich an eine Beratungsstelle wenden, die sich nur für weibliche Opfer zuständig fühlt.

Zudem folgte dann noch die Mahnung: „Ihnen ist sicher bekannt welche schwerwiegenden Folgen häusliche Gewalt für Kinder haben kann, unabhängig davon, ob sie selbst Opfer werden oder diese Gewalt bei ihren Eltern erleben.“

Ja, das war Tobias* bekannt. Er half sich selbst, indem er vor seiner Frau flüchtete. Seine Tochter hat er seit dem nicht wieder gesehen. Sein Sohn wollte sich nicht an das von der Mutter diktierte Kontaktverbot zum Vater halten und wurde dafür regelmäßig durch die Mutter misshandelt. Als er diese Tortur nicht mehr aushielt, flüchtete er zum Vater, wo er seitdem lebt.

Doch zurück zur PKS Partnerschaftsgewalt. Was sagen uns die Zahlen? Im Grunde nur, dass es viel zu viel Gewalt in Partnerschaften gibt, auch wenn es sich dabei zu 85% um minderschwere Gewalt handelt. Insbesondere Gewalt gegen Männer nimmt stetig zu, seitdem die PKS jährlich erstellt wird. Alle zwei Stunden wird in Deutschland ein Mann durch seine Partnerin gefährlich körperverletzt. 2018 haben 99 Frauen versucht ihren Partner zu töten, in 26 Fällen gelang es ihnen. Ein trauriger neuer Rekord. Ob diese Männer noch leben würden, wenn es mehr Schutzangebote geben würde, ist schwer zu sagen. Die weitgehende Ignoranz der Politik gegenüber dem Thema häusliche Gewalt gegen Männer führt zumindest zu keiner Besserung.

Dabei stellen die Zahlen der PKS nur die Spitze des Eisberges dar. Eine vom BMFSFJ in Auftrag gegebene Pilotstudie zum Thema „Gewalt gegen Männer in Deutschland“ stellt fest: „Jedem vierten Mann widerfuhr einmal oder mehrmals mindestens ein Akt körperlicher Gewalt durch die jeweils aktuelle Partnerin.“ Das sind Zahlen, wie sie von Studien zu Gewalt gegen Frauen bekannt sind. Keiner dieser Männer hat jedoch die Gewalt der Partnerin zur Anzeige gebracht. Gewalt, die Männer durch den neuen Partner oder Verwandte ihrer (Ex-)Partnerin erfahren, gilt als „Gewalt unter Männern“, die die PKS Partnerschaftsgewalt nicht erfasst, obwohl sie natürlich auch im Partnerschaftskontext gesehen werden müssten.

Hat unsere Gesellschaft Schwierigkeiten damit Partnerschaftsgewalt gegen Männer als gesellschaftliches Problem zu akzeptieren?

Die Autoren der Studie „Gewalt gegen Männer“ meinen ja: “Der in Deutschland und anderen Ländern vorherrschende politische Diskurs zum Thema „häusliche Gewalt“ übersieht oder bagatellisiert nicht selten die häusliche Gewalt von Frauen gegen Männer. Noch immer wird auf Fachtagungen und in Publikationen die Gleichung aufgestellt: Häusliche Gewalt = Männergewalt gegen Frauen. Da ist die Fußnote oder Randbemerkung, dass es in seltenen (Ausnahme) Fällen theoretisch auch Männer treffen kann, bestenfalls ein Strohhalm für betroffene Männer, die häufig im Glauben sind, die einzigen zu sein. Meist wird allerdings das Gegenteil erreicht: Die Botschaft, die im Gedächtnis der so „Aufgeklärten“ haften bleibt, ist der Mythos, häusliche Gewalt sei Männergewalt.“

Diese gesellschaftliche Ignoranz ist gefährlich. Aggressiven Mütterrechtlerinnen ist es schon lange ein Dorn im Auge, dass Väter immer häufiger nach der Trennung weiterhin Verantwortung für ihre Kinder übernehmen wollen. Sie kämpfen daher gegen das gemeinsame Sorgerecht von Eltern und sogar gegen den Kontakt von Vätern mit ihren Kindern. Da kommen Gewaltvorwürfe gegen den Vater gerade recht, für deren Glaubhaftmachung nichts weiter nötig ist als eine Statistik. Vorsichtshalber verhängt der Richter einen Umgangsausschluss gegen den Vater, sicher ist sicher. Die Öffentlichkeit ist dann schnell der Meinung ohne Grund passiere so etwas nicht und man weiß ja wie manche Väter – ganz besonders Trennungsväter – eben sind. Sorgsam konstruierte Stereotypen, die familiäre Beziehungen zwischen Vater und Kindern leicht zerstören können. Treffen kann das im Grunde jeden.