Offener Brief an die Mitglieder des deutschen Bundestages

Sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestags,

wohl kaum ein Thema wird derzeit so emotional und kontrovers diskutiert wie die Einführung des Wechselmodells (auch „Doppelresidenzmodell“ genannt), bei dem Kinder von Trennungseltern abwechselnd mit beiden Eltern zusammen leben und substanziell Zeit verbringen.  Schon seit Jahren wird seitens unserer Gesellschaft und der Politik darauf hingearbeitet, dass Väter einen größeren Raum im Leben ihrer Kinder einnehmen. Folgerichtig entscheidet sich eine wachsende Zahl von Paaren nach der Trennung für dieses Betreuungsmodell, da es der vor der Trennung gelebten Realität am besten entspricht und die unvermeidlichen Belastungen der Kinder durch die Trennung ihrer Eltern minimiert.

So erfreulich es ist, wenn sich Paare auch nach der Trennung über alles entspannt einigen können, so sehr ist jedem auch bewusst, dass dies leider nicht immer der Fall ist. Manchmal sind die Verletzungen gerade während der akuten Trennung einfach zu groß. Dann wird gestritten um das Haus, das Vermögen, Unterhalt und ja, auch die Kinder. Es darf bei alledem jedoch nicht zugelassen werden, dass man Kinder instrumentalisiert, indem sie einem Elternteil mutwillig entzieht.

Kindern ihre beiden Eltern zu erhalten – auch nach Trennung oder Scheidung – muss das vorrangige Ziel unseres Rechtssystems sein .

In Deutschland dominiert jedoch nach wie vor das Residenzmodell, bei dem Kinder nach der Trennung weit überwiegend bei einem  Elternteil leben, zumeist der Mutter. Der Vater kommt in der Regel getrennt vom Kind für dessen Lebensunterhalt auf, jedoch im Leben des Kindes nur noch wenig vor.
Viele Väter sind damit unzufrieden! Sie wünschen sich, auch nach der Trennung ihre aktive Rolle für ihr Kind weiter ausüben zu können. Zudem wünschen sich viele Kinder mehr Kontakt zu ihrem Vater.

Die Mehrzahl der Mütter und Väter befürwortet heute eine gemeinsame Betreuung der Kinder durch beide Elternteile und gleichwertige Rollen beider Eltern. Dies sollte auch nach der Trennung die Regel sein und sich in einem zeitgemäßen Familienrecht widerspiegeln.

Worin besteht der konkrete Handlungsbedarf?

  1. Eltern die sich für ein Wechselmodell entscheiden, leben heute in einem annähernd rechtsfreien Raum. Während nahezu alle einschlägigen Rechtsnormen auf dem Residenzmodell basieren, sucht man entsprechende Regelungen für Wechselmodelle bislang vergeblich. Es müssen dringend Normen zum Wechselmodell im Familienrecht verankert werden.
  2. Eltern sollten dazu ermutigt werden, sich für eine Betreuung der Kinder im Wechselmodell zu entscheiden. Hierzu sollten unterstützende Hilfsangebote, wie z.B. Mediationen entwickelt werden.
  3. Es muss geklärt werden, ob einem Modell (Wechselmodell oder Residenzmodell) ein Vorrang eingeräumt werden sollte. Vor allem aber müssen Regelungen zum Wechselmodell in den Familienrechtsnormen verankert werden.

 

Am 15. März 2018 findet im Bundestag eine Sitzung statt, bei der die Fraktion der FDP den Antrag „Familienrechtliches Wechselmodell als Regelfall einführen“ einbringen wird. Wir bitten Sie unabhängig von parteipolitischen Erwägungen diesen Antrag zu unterstützen, da es dabei um die Interessen der Kinder Deutschlands geht, deren Wohl Sie sich als Abgeordnete verpflichtet haben.

 

Jörg Langanke                                                          André Roßnagel

1. Vorstand Väter-Netzwerk e.V.                           2. Vorstand Väter-Netzwerk e.V.

 

Über Väter-Netzwerk e.V.
Das Väter-Netzwerk ist eine Initiative von Vätern, mit dem Ziel die Rolle von Vätern im Leben ihrer Kinder zu stärken. Das betrifft Väter in Paarbeziehungen, aber insbesondere Väter nach einer Trennung. Gerade dann ist es oftmals schwer für Väter die Beziehung zu ihren Kindern aufrecht zu erhalten.
In den letzten 20 Jahren haben sich die Erwartungen an Väter aber auch deren Werte und Handeln erheblich verändert. Väter sind heute nicht mehr reine Versorger der Familie, sondern übernehmen eine aktive Funktion für die Entwicklung ihrer Kinder. Väter wollen sich auch nach einer Trennung nicht in überkommene Rollenmuster drängen lassen, wie es die derzeit in Deutschland praktizierte Rechtsprechung leider noch vorsieht, sondern ihre Kinder weiter aktiv begleiten.
Heute wachsen in Deutschland nach einer Trennung der Eltern über 90% der Kinder bei der Mutter auf. Täglich kommen etwa 400 hinzu. Der Vater erhält in diesen Fällen meist nur ein stark eingeschränktes Umgangsrecht mit seinen Kindern – oftmals gegen seinen Wunsch, weiterhin mehr Verantwortung zu übernehmen.
Das Väter-Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, betroffene Väter darin zu unterstützen diese schwierige Lebenssituation zu meistern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.
Informieren Sie sich auf unseren Internetseite www.vaeter-netzwerk.de